Montag, 2. April 2012

Denk nicht an die Rente. Es lohnt sich nicht.

                             Einfach mal anders denken

Die Mehrheit sollte sich darüber einig sein, dass die heutige Rente, in Angesicht des demographischen Wandels, ein finanzielles Grab ist. Eine Option wäre sicherlich Beziehungen und das Zeugen von Kindern attraktiver zu machen. In unserer ''modernen'' Gesellschaft wird sich das aber als sehr schwierig herausstellen. Außerdem würde die Berliner Clubszene aufgrund der zahlreichen, nüchternen Pärchen in sich zusammenfallen. Eine weitere Option wäre die verstärkte Zuwanderung, die auf lange Sicht dann doch keine gute Idee wäre. Ich möchte nämlich nicht in einem Singapur-Modell leben, in dem man nichts tun darf, was andere kulturelle Gefühle auch nur ansatzweise berühren könnte. Für interkulturell, leicht unsensible Menschen wie mich wäre das äußerst fatal. Da kann man ja gleich freiwillig im Gefängnis einchecken. 

Dann habe ich mir die polnische Tageszeitung ''Dziennik Gazeta Prawna'' gekauft. Es war die Wochenendausgabe. Da gab es nämlich ein Interview mit dem US-amerikanischen Ökonom Robin Hanson. Falls jemand mehr über diese Person erfahren möchte, dann findet man etwas auf wikipedia. Auch auf deutsch.

Robin Hanson kam mit einer absolut neuen, provokanten Idee. Er würde die Renten ganz abschaffen. Diese gehören heutzutage zu den Ursachen der Staatsverschuldung, wobei sich die Situation nicht verbessern wird. Im Klartext: Es werden immer weniger Menschen arbeiten können, um die steigende Zahl von Rentnern versorgen zu können. Wenn dieser Kurs also beibehalten wird, kommt es früher oder später zur Zahlungsunfähigkeit der jeweiligen Staaten. 

Also was soll man tun?

Der Mensch muss weiterarbeiten. Es gibt natürlich eine Zeit, in der der Mensch einfach nicht mehr in der Lage ist zu arbeiten. Statistiken sollen zeigen, dass es sich dabei um zwei bis fünf Jahre vor dem Tod handelt. Eine vernünftige Gesellschaft sollte sich also direkt um diese Leute kümmern. So eine neue Rente soll aber verbunden sein mit dem gesundheitlichen Wohlbefinden der Betroffenen. Im Grunde genommen wie eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Das Geld kriegt man nur, wenn der Betroffene nachweislich nicht mehr in der Lage zum Arbeiten ist. Vermieden soll damit eine künstliche Grenze, mit der man Menschen einredet, dass sie mit 60 oder 65 nicht mehr arbeiten könnten. Wenn alles fair und gerecht ablaufen würde, wäre es, verglichen mit der heutigen Rente, eine vernünftige Option. 

Könnten denn siebzigjährige Menschen auf dem Arbeitsmarkt überhaupt konkurrieren?

Robin Hanson sieht darin kein Problem. Diese Menschen könnten sich attraktiver machen, indem sie für ein kleineres Gehalt arbeiten, als beispielsweise ein Vierzigjähriger. Das wäre dann aber ein psychologisches Problem. Junge Menschen sind generell offener für kleine Gehälter zu arbeiten. Sie sehen nämlich noch eine ganze Karriereleiter vor sich. Älteren Menschen, die sich einen gewissen Lebensstandard erarbeitet haben, fällt es dann dementsprechend schwerer für weniger Geld zu arbeiten. Das Gehalt singt aber nunmal ab einem gewissen Alter, da die Person nicht mehr so produktiv ist wie das jüngere Gegenstück. Viele Menschen werden dann deshalb entlassen oder in die Rente geschickt, weil die Arbeitgeber keine unglücklichen Arbeitnehmer haben möchten. Das wirkt sich dann nämlich auch auf das Umfeld aus uns senkt die Produktivität. Hanson sieht also immer noch einen Bedarf an älteren Menschen in der Berufswelt. Ähnlich sieht es nämlich auch in Zeiten der Krise aus. Es gibt genug freie Stellen, aber der Arbeitgeber entlässt dann doch lieber Arbeitnehmer, anstatt mit ihnen eine niedrigere Vergütung auszuhandeln und damit eine gedrückte Stimmung auszulösen. Man muss also die heutigen Dreißig- bis Vierzigjährigen davon überzeugen, dass ihr Status nicht das ganze Leben lang wachsen wird und es irgendwann auch bergab gehen wird. Wenn das funktioniert, dann werden auch ältere Menschen problemlos eine Stelle finden können.

Der Mensch würde dann aber sein ganzes Leben lang arbeiten und nie zur Ruhe kommen.

Nein. Robin Hanson denkt nämlich daran, die Rente einfach vorzuziehen. Arbeitnehmer sollen dann entweder alle 3 Jahre ein halbes Jahr oder alle 7 Jahre ein ganzes Jahr frei nehmen können. Den Grund dafür sieht Hanson im Alter. Jüngere Menschen verbringen ihre Freizeit oftmals aktiver, produktiver und kreativer als ältere Semester. Es wäre also lohnenswerter die freien letzten Lebensjahre einfach stückchenweise früher zu nutzen. Für die Wirtschaft hätte es, trotz der beruflichen Pausen bei jungen Menschen, sogar einen Nutzen. Es gibt nämlich unzählige Möglichkeiten, die junge Menschen dann in ihrer freien Zeit in die Tat umsetzen würden. Viele würden sicherlich zuhause auf dem Sofa sitzen und nichts tun. Einige andere würden aber vielleicht endlich mal einen Marathon laufen und ihre Gesundheit ankurbeln. Somit könnten sie länger fit bleiben und arbeiten. Andere wiederum hatten vielleicht schon immer eine Geschäftsidee, für deren Umsetzung leider die Zeit gefehlt hat. Wiederum andere machen eine Weltreise und kommen eventuell sogar mit neuen Erfahrungen und Sprachkenntnissen zurück. Diese ehrgeizigen Menschen sollen dann die faulen Couchpotatoes in den Schatten stellen. Hofft Hanson jedenfalls.

Ich habe mir darüber stundenlang den Kopf zerbrochen. Es gibt da nämlich einige Stolpersteine. Der bürokratische Aufwand zum Beispiel, um wirklich überprüfen zu können, ob ein Mensch wirklich nicht mehr arbeiten kann. Ich gehe mal davon aus, das sehr viele ältere Semester versuchen werden sich vor weiterer Arbeit zu drücken. Dann muss ich noch sagen, dass mein Vertrauen ins Ideenland Deutschland schon etwas gedrückt ist. Ich bezweifle also den Ehrgeiz so mancher junger Menschen hier. Im Klartext: Es werden warscheinlich mit Abstand die Meisten vor dem heimischen Computer sitzen und versuchen das nächste Level bei ''World of Warcraft'' zu erreichen. Diese Menschen werden dann, meiner Meinung nach, eher die wirklich ehrgeizigen und produktiven Individuen in den Schatten stellen. Deutschland ist nun mal gemütlich geworden. 

Andererseits gibt es schon gute Punkte. Die Rente einfach vorzuziehen, weil junge Menschen damit mehr anfangen können wird schon richtig sein. Dafür muss man jedoch im Alter länger arbeiten. Ob das unbedingt die bessere Option ist, das ist Ansichtssache. Aber alleine schon für das Überlegen von anderen Optionen, anstatt das Rentenalter immer weiter hochzusetzen, hat Robin Hanson ein Lob verdient.

Ich würde mich über Kommentare mit Meinungen, Anregungen etc. sehr freuen :-)


1 Kommentar:

  1. Interessanter Beitrag.
    Die Idee ist nicht schlecht, meiner Meinung nach aber nicht realisierbar. Wer sich für weitere anregende Ideen vom Professor Paradiesvogel der University of Oxford interessiert, findet unter www.overcomingbias.com weitere Infos. Das ist der Blog von Robin Hanson, der sehr unabhängig und intelligent aus der Perspektive eines Ökonomen über die Welt, die Zukunft, Medizin, Aliens und Roboter, und vieles mehr sinniert. Eher liberal, manchmal schockierend auf den ersten Blick, regt aber immer zum Nachdenken an.

    Vielen Dank für den Beitrag Koko ;)

    Jana

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